News & Aktuelles

03. Juli 2025

Bemühungen um neuen Job während einer Freistellung nicht zwingend erforderlich


Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 12. Februar 2025 – Az. 5 AZR 127/24 – entschieden, dass Arbeitgebende die Gehaltszahlungen nicht einfach einstellen können, wenn sich von ihnen freigestellte Arbeitnehmende innerhalb ihrer Kündigungsfrist keinen neuen Job suchen.

Für Arbeitgebende kann ein verlorener Kündigungsschutzprozess erhebliche finanzielle Folgen haben. In vielen Fällen müssen sie für die gesamte Dauer des Verfahrens Annahmeverzugslohn zahlen – selbst wenn sich der Prozess über Jahre erstreckt. Die Frage, inwieweit Arbeitnehmer verpflichtet sind, sich während der Kündigungsfrist oder während eines laufenden Rechtsstreits um eine neue Stelle zu bemühen, ist daher von großer Bedeutung. Insbesondere stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt sich der Arbeitnehmer aktiv um eine neue Beschäftigung bemühen muss. 

Das aktuelle BAG-Urteil bringt nun zusätzlich Klarheit in die Diskussion. Dem Urteil lag ein Fall aus Baden-Württemberg zugrunde. Dabei hatte ein Mann in Festanstellung in Projekten als Senior Consultant gearbeitet und am 29. März 2023 eine ordentliche Kündigung mit Kündigungsfrist zum 30. Juni 2023 erhalten. Während der dreimonatigen Kündigungsfrist stellte der Arbeitgeber den Mann unter Anrechnung von Resturlaub von der Erbringung seiner Arbeitsleistung unwiderruflich frei. In dieser Zeit schickte der Arbeitgeber dem Gekündigten insgesamt 43 Stellenangebote aus Jobportalen. Auf sieben davon bewarb sich der Mann, der auch mit einer Kündigungsschutzklage gegen seine Kündigung vorging. Die Bewerbungen verschickte er erst am Ende seiner Kündigungsfrist. Trotz der Freistellung erhielt der Kläger für Juni 2023 keine Vergütung mehr, sodass er diese einklagte.

Kündigungsschutzklage und Klage auf Nachzahlung erfolgreich

Der Arbeitgeber war der Ansicht, dass der Kläger verpflichtet gewesen sei, sich schon während der Zeit der Freistellung auf die ihm zugeleiteten Stellenanzeigen zu bewerben. Für den letzten Monat zahlte er dem Consultant deshalb keine Vergütung mehr. Der Arbeitgeber begründete dies mit § 615 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach kann der Anspruch auf Vergütung entfallen, wenn der Anspruchsberechtigte es böswillig unterlässt, anderweitigen Verdienst zu erzielen.

Nach Auffassung des Gerichts war dem Kläger jedoch kein böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes nachzuweisen. Mit der Klage auf Nachzahlung eines Monatsgehalts von 6.440,00 Euro zuzüglich Verzugszinsen hatte der Arbeitnehmer daher Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht bewertete den Sachverhalt so, dass sich der Arbeitgeber aufgrund der von ihm einseitig erklärten Freistellung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist im Annahmeverzug befand und dem Arbeitnehmer daher nach § 615 S. 1 in Verbindung mit § 611a Abs. 2 BGB die vereinbarte Vergütung für die gesamte Dauer der Kündigungsfrist zahlen müsse. Der Arbeitnehmer müsse sich im Rahmen dieser Freistellung nicht erzielte anderweitige Verdienste nach § 615 S. 2 BGB nicht anrechnen lassen. Dies erklärten die Richter damit, dass der Arbeitgeber nicht darlegen konnte, dass ihm die Erfüllung des auch während der Kündigungsfrist bestehenden Beschäftigungsanspruchs des Klägers unzumutbar gewesen wäre.

Bei verlorenem Kündigungsschutzprozess muss Annahmeverzugslohn gezahlt werden

Arbeitgebende müssen nach einem verlorenen Kündigungsschutzprozess in der Regel für die Dauer des Prozesses Annahmeverzugslohn zahlen. Nach § 11 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) muss sich der Arbeitnehmer jedoch böswillig unterlassenen Erwerb anrechnen lassen. Allerdings ist es für Arbeitgebende oft schwer nachzuweisen, welche Verdienstmöglichkeiten den Arbeitnehmenden tatsächlich offenstanden.

Das BAG stellt mit seinem Urteil klar, dass eine unwiderrufliche Freistellung nicht automatisch bedeutet, dass Arbeitnehmende verpflichtet sind, sich sofort um eine neue Stelle zu bemühen. Arbeitgebende können nicht ohne Weiteres verlangen, dass sich Arbeitnehmende während der Kündigungsfrist aktiv auf neue Stellen bewerben, um Vergütung einzusparen.

Ursprünglich veröffentlicht unter https://www.dpvkom.de

Quelle: DPVKOM / 3.7.2025
nach oben